Eine Zweitkatze zieht ein
Auf der Homepage des Tierheims suchten zu dem Zeitpunkt wieder über 70 Katzen ein neues Zuhause. Wie soll man da wissen, ob die richtige und passende Katze dabei ist?
Ich hatte einige Kriterien, mit denen ich die Anzahl einzugrenzen versuchte. Eine Katze im etwa gleichen Alter mit ähnlichem Verhalten sollte es sein. Einen Kater wollte ich eher nicht, da ich gelesen hatte, dass gleichgeschlechtliche Katzenpärchen oftmals aufgrund des Spielverhaltens besser harmonieren.
So fuhr ich also direkt am nächsten Tag zum Tiermarkt und kaufte ein zweites Klo, ein weiteres Transportkörbchen, Spielzeug, Näpfe, ein weiteres Bett. Ich brachte alle Sachen nach Hause, damit ich zur Öffnungszeit des Tierheims pünktlich da sein konnte und zuhause bereits alles für den Neuzugang vorbereitet war. Ich packte ins Transportkörbchen eine von Katis Decken, damit die neue Katze schon mal ihren Geruch kennenlernen konnte.
Im TH angekommen spach ich gleich eine der Tierpflegerinnen an. Ich erzählte ihr von Kati und teilte ihr die Kriterien mit, die ich für eine neue Katze mitgebracht hatte. Sie sagte, dass nur eine einzige Katze in Frage käme, was mich mal wieder sehr verwunderte. Im Katzenhaus brachte sie mich zu einem weißen Weidenkörbchen, in dem eine sehr zarte getigerte Katze schlief. Die Katze hatte ein unglaublich süßes Gesichtchen und rund um das Maul weißes Fell. Die Tierpflegerin sprach die Katze an und stellte sie mir als Zoe vor. Sie sollte ca 1,5 Jahre alt sein und demzufolge nur 6 Monate jünger als Kati. Zoe war wohl in den sechs Wochen Quarantänezeit regelmäßig beim Saubermachen ihres Käfigs den Tierpflegern schnurrend in die Arme gesprungen, weil sie so lieb, schmusig und menschenbezogen sei. Das gefiel mir natürlich sehr, auch wenn sich das schlafende Etwas in dem Korb überhaupt nicht für uns interessierte. Zoe sei schon einmal vermittelt gewesen, aber wieder zurück gekommen. Den Grund dafür konnte man mir angeblich nicht nennen, es sei in der Akte nichts vermerkt worden.
Katz und Katz gesellt sich nicht immer gern
Zoe ließ sich dann mit einigen Leckerli wecken und kroch langsam aus ihrem Korb. Die Leckerli lockten aber andere Katzen an, die Zoe direkt mit einem heulenden Knurren und Fauchen in die Schranken weisen wollte. Die andere Katze ließ sich nicht beeindrucken, klatschte Zoe eine und fraß das Leckerli weg, Zoe flüchtete auf den nächsten Kratzbaum.
Die anderen Katzen würden sie ein wenig unterbuttern, sagte mir die Pflegerin. Mit einer einzelnen anderen Katze würde sie aber wohl gut zurechtkommen. Außerdem könnte ich sie 14 Tage ausprobieren und wenn es nicht klappen würde, dürfte ich sie kostenlos zurückbringen. Ich sagte der Pflegerin, dass ich gelesen hatte, dass Katzenvergesellschaftungen sehr lange dauern könnten und dass 2 Wochen nicht wirklich lange wäre. Sie meinte hingegen, dass man nach 14 Tagen schon sehen würde, ob es Sinn macht oder nicht.
Ich überlegte hin und her, letztendlich war mir aber klar, dass mir niemand sagen konnte, ob es mit Zoe oder einer anderen Katze funktionieren würde. Ich musste es ausprobieren. Also entschied ich mich dafür, Zoe mitzunehmen. Mir war aber vollkommen klar, dass eine Rückgabe ins TH keine Option für mich war. Niemals würde ich es übers Herz bringen, sie dort wieder abzugeben. Es mußte also klappen. Unbedingt. Und ich war bereit, alles dafür zu tun und habe im Nachhinein betrachtet doch alles falsch gemacht.
Katzenkrieg
Zoe war unkastriert, genau wie es Kati gewesen war. Ich bekam den Kastrationsgutschein und einen Rabatt auf die Schutzgebühr, da ich Kati ja erst 4 Wochen zuvor geholt hatte und Katzenpärchen weniger pro Katze kosteten als eine einzelne. Zoe und Kati wurden dann quasi als Pärchen gerechnet und ich zahlte für Zoe nur den halben Pärchenpreis. Das war mir eigentlich egal, fand es aber eine nette Geste.
Die kleine Maus stiefelte ohne zu zögern in ihr Transportkörbchen und beglückte mich auf der Rückfahrt mit einem elendigen Jammerkonzert. Ich erzählte ihr von ihrem neuen Heim und daß ich sie niemals zurückgeben würde. Dass sie sich aber auch Mühe geben muss, sich mit Kati zu vertragen.
Daheim angekommen ließ ich sie einfach aus dem Kennel und der Spaß konnte beginnen.
Sie kam sofort raus, Kati ging auf sie zu, es gab furchtbares Gefauche und von Zoe das heulende Knurren, das ich im TH schon gehört hatte. Irgendwie hatte ich mir gar keine Gedanken über die Zusammenführung gemacht, ich war absolut naiv, ahnungslos, kannte ja eigentlich nur Hunde. Im Forum hatte ich so viel gelesen, wie wichtig eine Zweitkatze ist, dass ich es total überstürzt hatte, weil ich alles richtig machen wollte. Dass ich damit auch alles zerstören konnte, war mir überhaupt nicht klar.
So kam es also wie es kommen mußte: Es wurde wahnsinnig viel gefaucht, geknurrt, gedroht, belauert. Am ersten Tag blieb es dabei, in der Nacht war es relativ ruhig, da Kati bei mir im Bett schlief und Zoe auf dem Kratzbaum im Wohnzimmer.
Am ersten Morgen gab es aber schon die erste handfeste Auseinandersetzung. Ich sprang ob des Kampfgeschreis aus dem Bett und fand folgende Situation: Kati hatte Zoe im Bad gestellt und verprügelte sie nach Strich und Faden. Zoe schrie wie am Spieß, Kati war total in Rage und es flogen die Fellbüschel.
Ich ging dazwischen, trennte die Rivalen und war erst mal fertig mit den Nerven. Die Auseinandersetzung bleib aber in den ersten paar Tagen die einzige, so daß sie sich quasi mehr oder weniger duldeten.
Probleme über Probleme
Futtertechnisch stellte uns Zoe vor ein Problem: Sie stellte sich als absoluter TroFu-Junkie heraus. Nassfutter ging gar nicht, Fleisch ging nicht, keine Malzpaste, keine Wurst, kein Fisch, kein Käse, keine Katzenmilch, einfach gar nichts außer das dämliche TroFu.
Ernährungsmäßig kannte ich mich ja nun einigermaßen aus und machte mich daran, sie umzustellen, indem ich das TroFu immer mehr nass machte. Das nahm sie auch ganz gut an, alle weiteren Schritte mit Nassfutter blieben völlig erfolglos. Leider fand Kati das TroFu interessanter als ihr eigenes Futter, daher fraß sie erst Zoes Futter und dann ihr eigenes. Füttern musste ich sie also getrennt, da Kati dermaßen futterneidisch war, dass sie Zoe nie zum Futter ließ, auch wenn sie selbst total vollgefressen war. Sie belagerte die Näpfe regelrecht und fauchte Zoe weg.
So kannte ich meine liebe, schmusige, ruhige Kati nicht. Sie verteidigte sämtliche Ressourcen, zu denen auch ich gehörte. Zoe kam gern mal schmusen, so für 2-3 Minuten, danach rannte sie immer wie von der Tarantel gestochen weg. Wir bedrängten Zoe nicht, ignorierten sie so gut wir konnten und gaben ihr Zuwendung, wenn sie sie selbst einforderte.
Nach einer Woche ließ ich Zoe kastrieren. Sie überstand alles gut und völlig problemlos. Kati hingegen hatte sich einen bösen Katzenschnupfen eingefangen, der sie ziemlich schachmatt setzte. Kati verbrachte nach dem TA-Besuch die nächsten 3 Tage komplett unterm Bett und Zoe blühte durch Katis Abwesenheit sichtlich auf. Sie spielte, schmuste und war die Königin, die Kati zuvor gewesen war. Inzwischen waren die 14 Tage Rückgabe längst um und beide Katzen tolerierten sich, da wir Futterplatz und Toiletten getrennt hatten. Es war nicht die große Liebe, eher das Gegenteil.
Frustriert suchte ich im Forum Rat und hörte, dass das ganz okay sei und man nicht immer die große Liebe bekommen kann. Manche Katzen dulden sich eben nur, putzen sich nicht und liegen auch nicht zusammen. Trotzdem könne es eine Beziehung sein, die für beide durchaus akzeptabel sei, da man ja nun nicht mehr alleine sei. Ich nahm das so hin, beschloss, den beiden mehr Zeit zu geben und war aber trotzdem nicht glücklich. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Ich ahnte ja nicht, wie sehr ich mir diese Situation mal zurück wünschen würde und was noch alles auf mich zukam. Denn Zoe bekam, je länger sie bei uns war, immer mehr Power. Sie entwickelte sich zu einem lebenden Energieriegel, einem Duracell-Hasen, dessen Akku nie leer wurde und uns alle fast um den Verstand brachte. Sie war wohl jünger als die erwarteten 1,5 Jahre, da sie bei uns noch einen Wachstumsschub hingelegt hatte. Kati hingegen schien deutlich älter zu sein, denn sie war überhaupt nicht verspielt, ließ sich zu nichts animieren und zeigte immer mehr die Verhaltensweisen einer älteren, gemütlichen Perser, obwohl sie optisch nichts davon war.
So unterschiedlich meine Katzen nun waren, so groß wurden die Probleme zwischen den beiden. Es gab täglich schlimme Auseinandersetzungen, bei denen Kati Zoe regelrecht durch die Wohnung prügelte, Zoe den ein oder anderen blutigen Kratzer davontrug und wir mehrmals täglich Schiedsrichter spielen mussten in dem ungerechten Kampf, da Kati Zoe körperlich überlegen war, obwohl beide nur 1kg Gewicht trennte. Ich war so verzweifelt und weinte jeden Tag……
Weitere Eskalationen
Eines Tages kam ich nach Hause und über Zoes Nase zog sich ein langer, blutiger Kratzer. Die arme Maus hatte in meiner Abwesenheit wohl mal wieder Prügel von Kati bezogen.
In meiner Verzweiflung wandte ich mich wieder an mein Forum.
Dort gab es eine Menge Beiträge zum Thema Zusammenführungen. Ich las sie alle, aber kein Fall schien meinem zu gleichen. Ich durchsuchte mit der Suchfunktion auch ältere Beiträge und fand einige interessante Tips, die aber oft so unterschiedlich waren, dass ich jeden davon ausprobierte. Von ignorieren der Streitigkeiten, damit beide endlich eine Rangfolge ausmachen konnten bis ansprühen mit einer Wasserflasche war so ziemlich alles dabei und die Meinungen gingen arg auseinander. Parallel beschäftigte ich mich damit, was passieren sollte, wenn zwischen den beiden kein Frieden einkehren würde. So bot sich meine Mutter an, Zoe zu übernehmen, wenn es gar nicht klappen sollte. Eine Rückgabe ins Heim war keine Option. Meine Mutter hatte sich vom ersten Tag an in Zoe verliebt, aber ich wollte eigentlich nicht, dass sie dort als Einzelkatze leben musste. Irgendwie musste es doch funktionieren.
Tierkommunikation
Im Forum stieß ich dann auf das Thema Tierkommunikation. Da mir der Begriff nichts sagte, beschloss ich, mehr darüber herauszufinden. So fand ich eine Tierkommunikatorin, die mit Hilfe eines Fotos der beiden mit ihnen Kontakt aufnehmen wollte. Ich glaubte nicht wirklich daran, war aber bereit, alles zu versuchen, was uns irgendwie helfen sollte. Also telefonierte ich mit der Dame.
Sie erklärte mir, Kati habe Angst, dass sie diejenige wäre, die im Zweifelsfall abgegeben werden würde und dass Zoe ihr mal sehr am Schwanz weh getan habe und sie deshalb so wütend auf sie sei. Sie sagte ausserdem, dass Kati sich Zoe niemals als Partnerin ausgesucht hätte, sondern schickte ihr stattdessen ein Bild von einem ruhigen Kater.
Aus dem TH wusste ich, dass Kati mit einem Kater zusammen gefunden worden war.
Ich ließ Kati mitteilen, dass wenn Zoe das Feld räumen würde und dass ich sie niemals abgeben würde, da ich sie über alles liebe. Ich bat weiterhin darum, dass sie Kati bitten sollte, sich mit Zoe zu arrangieren.
Zoe hingegen schilderte die Situation komplett anders und beschrieb Kati als einen Tyrannen, der nur darauf wartete, dass wir das Haus verliessen, damit sie sie verprügeln konnte. So etwas ähnliches hatte Kati auch über Zoe berichtet und ich war gänzlich verwirrt.
Ich fragte ausserdem, warum Zoe nichts anderes fressen wollte ausser TroFu. Angeblich antwortete sie mit einem bitteren Geschmack, den sie in Zusammenhang mit Fleisch und NaFu brachte. Wir sollten aber mal rohen Tartar kaufen.
Auch Zoe bat ich um Frieden und ließ ihr die Option mit meiner Mutter schildern. Ich liess fragen, ob sie dort lieber leben wollte und erhielt nur eine schwammige Antwort a la „man würde ja so dran hängen.“
Insgesamt schien mir das Gespräch sehr schwammig, undurchsichtig und hatte das Gefühl, man wollte aus mir Informationen hervorlocken, die die Dame dann dazu verwenden wollte, mir etwas zu erzählen. Bis heute habe ich von der Dame weder die angekündigte Rechnung noch sonst irgendwas erhalten. Am Ende des Gespräches hatte ich sogar das Gefühl, abgewimmelt zu werden. Seit diesem Zeitpunkt stehe ich dem Thema Tierkommunikation eher kritisch gegenüber. Ich habe einen naturwissenschaftlichen Beruf und bin generell eher ein Kopfmensch, es sei denn es geht um Tiere. Da schaltet mein Verstand aus.
Trotzdem kaufte ich den Tartar und setzte ihn Zoe vor. Sie fraß ihn natürlich nicht, was ein weiterer „Beweis“ für mich war, dass man der Frau keinen Glauben schenken konnte.
Hilfe in Sicht
Ich begann, Zoe spielerisch mehr auszulasten, damit sie wenigstens keinen Grund hatte, Kati zu provozieren. Trotzdem flogen regelmäßig die Fetzen, vor allem nachts hatten die Damen nichts anderes zu tun als sich zu prügeln.
So musste ein eigener Beitrag im Forum her, wo ich unser Problem ausführlich schilderte. Ich bekam den Rat, beide Katzen konsequent durch ein Gitter zu trennen, regelmäßig die Seiten zu tauschen, beiden Katzen gleich viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und in unserer Abwesenheit dafür zu sorgen, dass es keinerlei Zwischenfälle mehr geben konnte.
So bestellte ich die Gittertür, setzte sie in der Wohnzimmertür ein, packte ein Klo und Zoes Futter dort rein und erklärte das Wohnzimmer zu Zoes Raum. Kati behielt demzufolge Schlafzimmer, Flur und Bad. Wenn wir zuhause waren, öffneten wir die Gittertür. Gingen wir weg, trennten wir sie. Selbst für den Gang zur Toilette oder in die Küche separierte ich die Katzen, damit es keine Eskalation mehr gab.
Da sie sich aber auch in unserer Anwesenheit prügelten, erhielten wir den Rat, jegliche Belagerung, jegliches starren und jagen konsequent zu unterbinden. Zur Not sollte das Ganze auch mit Wasser sprühen verhindert werden. Sobald sie sich anstarrten, begann ich zu singen, tanzen, klatschen, knistern und machte mich komplett zum Affen, um sie voneinander abzulenken. Half das nicht, benutzte ich die Sprühflasche, was dazu führte, dass Kati unters Sofa rannte, sobald sie das plätschern in der Flasche hörte. So gab ich das auf und begnügte mich mit den anderen – relativ albernen – Aktionen.
Leider half das Ganze nur sehr bedingt, mein Pulver war relativ schnell verschossen und der Hass aufeinander war interessanter als meine Ablenkungsmanöver.
Eines Tages kam ich nach Hause und Kati und Zoe waren trotz geschlossener Gittertür im Wohnzimmer. Ich hatte ja nur so ein Treppenschutzgitter für Kinder, das ca 130cm hoch war. Kati musste darüber gesprungen sein und hatte Zoe mal wieder vertrimmt, wie ich an den Fellmengen im Wohnzimmer feststellen musste. Also mussten wir das Gitter irgendwie erhöhen bzw dafür sorgen, dass sie es nicht überwinden konnten.
Unser Umzug stand bald bevor, wir hatten nun also fast 10 Wochen Terror hinter uns und der Wunsch, noch große bauliche Veränderungen vorzunehmen hielt sich in Grenzen. Daher verwendete ich ein schwarzes Bettlaken, was ich über das Gitter spannte, so dass sie zwar durchgucken konnten, aber nicht mehr rüberspringen.
Temporäre Trennung
So lebten wir also fast 3 Monate mit einem Trenngitter, die restlichen Wochen mit einem Bettlaken in der Wohnung gespannt und die Situation entspannte sich nicht wirklich.
Ich las, dass bei manchen Katzen ein Ortswechsel bzw sogar eine gemeinsame Zeit in einer Tierpension Wunder bewirkt hatten, da der Katzenpartner ja dann das einzig bekannte von Zuhause war, es keine festen Reviere gab und man so erreichte, dass quasi durch den Verlust von allem ausser dem Feind eine gewisse Nähe entstehen konnte. Ich überlegte auch das und behielt es als letzte Alternative im Kopf.
Meine Verzweiflung war irgendwann so groß, dass ich merkte, wie die Situation zwischen den Katzen begann, mein Leben zu bestimmen. Mehrmals täglich musste meine Mutter nach ihnen sehen, damit ich auf der Arbeit halbwegs ruhig blieb.
Da ich ja schon immer Hundemensch war und ich mich mit Hunden und deren Rudelverhalten sehr gut auskannte, aber von Katzen keine Ahnung hatte und diese ja nicht das typische Verhalten eines Hunderudels zeigten, kam ich nie auf die Idee, dort einen Zusammenhang zu erkennen. Ich merkte nur, dass die Situation meiner Katzen mehr eskalierte je verzweifelter ich wurde.
Ich spürte genau, dass sich meine negative Energie auf die Katzen übertrug und ihre Energie übertrug sich auf mich. Alle im Haushalt hatten eine derart massive negative Energie, dass daraus nichts positives resultieren konnte.
Wie würde ich mich verhalten, wenn es Hunde wären? Da ich alles andere versucht hatte ohne nennenswerte Erfolge zu erzielen, beschloss ich, es nochmal ganz anders zu probieren und zwar so, wie ich es tun würde, wenn es Hunde wären. So begann ich, ihr Verhalten anders zu sehen und zu deuten und stelle ein paar sehr eklatante Dinge fest, die ich bis dato so nicht wahrgenommen hatte:
Kati war der absolute Chef bei uns, der Rudelführer, das Alphatier.
Sie dominierte nicht nur Zoe, sondern auch uns durch ihr Verhalten. Käthe agierte, wir reagierten. Sie hatte sogar manchmal etwas „manipulatives“ an sich. Mit ihrem Verhalten brachte sie uns dazu, dass wir taten, was sie wollte. Sie musste in jeder Situation alles kontrollieren, beanspruchte jede Raum für sich und brachte auch uns nicht den nötigen Respekt entgegen, den ich als Rudelführer, der ich ja eigentlich sein sollte, verdient hatte.
Kati war also der Meinung, dass sie das Sagen hatte bei uns. Wäre sie ein Hund, müsste man dafür sorgen, dass sich das änderte. Und so beschloss ich, sie zu behandeln wie einen dominant-aggressiven-unsicheren Hund.
Sind Katzen doch nur Hunde?
So fing ich an, ihr Futter für mich zu beanspruchen. Ich ging hin und drängte mich zwischen sie und ihr Futter. Ich schubste sie nicht, berührte sie nicht, sondern beanspruchte den Raum rund um das Futter wann immer ich es wollte, ohne sie zu berühren, sondern stellte mich einfach dazwischen und liess sie nicht vorbei. Sie biss und schlug und fauchte, aber das hatte ich erwartet. Ich gab nicht nach und zog mich nicht zurück.
So tat ich das mit immer mehr Dingen. Ich beanspruchte ihre Plätze, zeigte ihr, dass ich im Rang über ihr stand, schickte sie vom Tisch oder aus der Küche, zog eine imaginäre Linie. Sie wurde bei jeder Überschreitung und bei jedem Eindringen in meinen von mir beanspruchten Bereich von mir korrigiert, indem ich mich vor sie stellte, in Minischritten näher kam, bis sie zurückwich und meine gezogenen Grenzen akzeptieren lernte. Ich schlug sie nicht, berührte sie nicht, strafte sie nicht, wenn sie mich biß oder nach mir schlug. Es fand keine Ansprache statt, verwendete keinerlei Kommandos, sondern blieb einfach stumm stehen und beanspruchte mein Territorium, was sie nach und nach immer mehr akzeptieren lernte.
Die vorhandenen Streitigkeiten mit Zoe unterband ich, indem ich mich dazwischen stellte, den Blickkontakt unterbrach und Zoe beim fressen und beim Gang zur Toilette durch Einfordern meiner Grenzen schützte.
Trotzdem gab ich Kati nach wie vor all meine Liebe und Zuwendung, wir kuschelten intensiv, ich streichelte sie, wann immer sie meine Grenzen akzeptierte und belohnte sie mit Zuwendung. Wann immer sie eine Situation verliess, wenn ich es wollte, bekam sie Leckerlis, Streicheleinheiten. Man konnte spüren, wie der Druck von ihr wich, je mehr sie mich als Rudelführer akzeptierte. Sie konnte endlich Katze sein und sich entspannen, ohne ständig ihr Revier und ihre Ressourcen verteidigen zu müssen, da sie nun wusste, dass ich als Chef das ganz gut hinbekam.
Das Wichtigste an der ganzen Sache war, dass sie mir Sicherheit gab, da ich in dieser Methode Erfahrung hatte. Meine Energie änderte sich von einer aufgeregt-unsicher-traurigen in eine ruhig-entspannt-aber bestimmte. Ich fühlte mich als Herr der Lage, weil ich das Gefühl hatte, ein Mittel in der Hand zu haben, von dem ich fest daran glaubte, dass es funktionierte.
Erziehung und Training
Ich glaube, dass es für jedes Tier wichtig ist, seinen Platz zu kennen in dem Sinne, dass es eine gewisse unumstößliche Ordnung im Leben gibt. Denn dieser Rahmen gibt ihnen Sicherheit.
Taucht bei uns eine Situation auf, wo es beispielsweise Streit gibt, sie vor etwas Angst haben oder unsicher sind, so wandert der Blick meiner Katzen zu mir. Sie suchen bei mir regelrecht Schutz oder erwarten, dass ich die Situation für sie in Ordnung bringe. Das haben sie vorher nie gemacht und ich empfinde dieses Vertrauen als Geschenk.
Es gab natürlich immer mal wieder Krach zwischen den beiden und ich unterband auch nicht jede dieser Situationen, da es ja zwischen den beiden auch eine Rangfolge gibt, die sie austragen müssen. Kati sollte ja nicht komplett niedergemacht werden, sondern durfte natürlich ranghöher bleiben als Zoe, sollte aber nicht meinen, hier alles beanspruchen und verteidigen zu müssen. Sie ist nach wie vor die Chefin hier, aber eben direkt nach mir und nicht davor.
Für alle, die mich jetzt falsch verstehen: Ich weiss, dass eine Katze kein Hund ist und dass sie in dem Sinne nicht die gleichen Regeln im Rudel haben wie Hunde. Ich behaupte auch nicht, dass meine Methode richtig ist. Ich glaube durchaus, dass es Tiere auch verunsichert, wenn man ihnen ihre Chefrolle wegnimmt. Bei uns hat es geholfen, den Druck rauszunehmen. Katzen sind Freigeister, anders als Hunde, wesentlich selbstbestimmter und freier in ihren Handlungen. Das wollte ich Kati auch nie nehmen. Sie sollte lediglich lernen, dass ich bestimme, wer wo sein darf und nicht sie. Dass wir uns alle an Regeln halten müssen, wenn wir zusammen leben wollen.
Ich hatte früher auch mit Pferden zu tun, hatte 3 eigene, wovon einer derart aggressiv war, als ich ihn bekam, dass er zum Abdecker sollte, da er für sich und andere eine Gefahr darstellte. Man konnte seine Box nicht betreten oder ihn füttern, ohne dass er versuchte, einen ernsthaft zu verletzen. Dort habe ich mich genauso verhalten und ihn dazu gebracht, ein normales Pferd zu werden, der sogar von Kindern gehändelt werden konnte.
So kehrte bei uns Frieden ein. Der Umzug stand an und die Gittertür zog erst gar nicht mit um. Beide Katzen kamen sehr gut in der neuen Wohnung an und hörten komplett auf, sich die Hölle heiß zu machen.
Auch Zoe bekam natürlich meine neue Verhaltensweise zu spüren. Wann immer sie versuchte, Kati zu nerven, wies ich auch sie in ihre Schranken. Sie bekam das gleiche Verhalten vor mir wie Kati. Beide lernten, meine Grenzen zu akzeptieren.
Katzenfutter
Ein angenehmer Nebeneffekt des Ganzen ist, dass ich Kati verboten habe, aus Zoes Napf das TroFu zu fressen. Wann immer sie es versuchte, stellte ich mich dazwischen, bis sie es begriffen hatte, dass dieses Futter nicht für sie bestimmt ist. So ist es auch heute noch, dass Zoes Futter hier stehen kann und Kati es nicht frisst, solange ich da bin. Dass sie es trotzdem tut, wenn ich das Haus verlasse, ist mir völlig klar.
Bin ich aber dabei, dann geht sie in die Nähe des Napfes, reibt sich am Schrank oder an der Tür und schaut mich an. Manchmal erlaube ich es ihr, dann frisst sie kurz und sobald ich meine, dass sie genug hat, räumt sie das Feld und versucht auch nicht mehr an das Futter zu gelangen. Wenn ich es ihr nicht erlaube, dann geht sie und frisst etwas aus ihrem eigenen Napf. Manchmal motzt sie dabei wie ein quengeliges Kind, das finde ich dann richtig lustig.
Außerdem haben sie gelernt, dass sie sich aus bestimmten Räumen fernhalten, wenn ich es möchte. So kann ich bei offener Küchentür kochen, ohne dass meine Katzen in die Nähe des Ofens kommen, da sie vor der Tür sitzen und wissen, dass sie nicht hineinkommen sollen. Ich mache ihnen deutlich, dass die Küche dann mein Gebiet ist und die Türschwelle eine unsichtbare Grenze ist, die sie nicht überschreiten sollen.
So sitzen sie dann in einer Reihe vor der Tür und warten, überschreiten die Grenze aber nicht. Sie kommen und dürfen aber in die Küche, wenn ich es ihnen nicht verbiete. Manchmal ist das ganz praktisch, da sich das auf ganz viele Bereiche anwenden läßt. Die offene Wohnungstür zB ist für uns auch kaum ein Problem, da sie wissen, dass sie dort nicht hin sollen, sobald ich den Platz für mich beanspruche. So kann ich problemlos Pakete annehmen, ohne Angst haben zu müssen, dass jemand aus der Tür flutscht.
Das hört sich jetzt alles unglaublich streng und dominant an, ist es aber eigentlich gar nicht. Meine Katzen dürfen hier wirklich fast alles, sie sitzen auf dem Tisch, schlafen im Bett, bekommen ständig Leckerli usw. Sie haben nur gelernt, dass ich, wie eine Katze auch, manchmal gerne etwas Raum für mich haben möchte. So respektiere ich auch den Raum meiner Katzen, indem ich sie nicht anfasse oder bedränge, wenn sie in ihren Betten sind, schlafen, fressen, sich putzen etc. Sie fordern auch Räume und mögen es nicht, wenn sie durch mich oder andere Katzen bedrängt werden und beanspruchen auch Räume für sich. Wenn zB eine andere Katze mit ins Bett oder auf die Fensterbank will, machen sie auch sehr deutlich, dass das gerade ihr Platz ist, den sie zu teilen nicht bereit sind. Genauso mache ich es auch.
Trotzdem blieb natürlich der große Verhaltensunterschied zwischen den beiden. Der Frieden, der hier im Großen und Ganzen herrschte, löste ja nicht das Problem zwischen den beiden. Zoe wollte raufen und spielen und als sie merkte, dass Kati sie nicht mehr mit schöner Regelmäßigkeit auseinandernahm, wurde unser Duracell-Hase zum regelrechten Stalker, der Kati bei jeder Gelegenheit ansprang, um sie zum raufen und spielen aufzufordern. Sie riß Kati regelmäßig von den Beinen, sprang sie beim fressen an, biß ihr spielerisch in die Seite, was Kati natürlich mit fauchen, knurren, jagen und verkloppen beantwortete.
So blieb trotz aller Spielerei und Beschäftigungen eine unterforderte Zoe und eine genervte Kati, letztendlich musste eine Lösung her.